Montag, 27. September 2010

Was sind Menschenleben wert?

In der Zeitschrift Focus vom Juni 2010 wurde ein John Bongarts zum Thema "HIV positiv" interviewt. Seine Antworten auf nur drei gestellte Fragen zeigten deutlich, dass der Stellenwert "Menschenleben" aus dem Blickwinkel eines globalen Zahlenspielers zu gering geschätzt wird.

Unter Berufung auf ein UN-Programm verwies er darauf, dass der Höhepunkt der Aids-Ansteckungen in den späten 90er Jahren erreicht wurde und seither kontinuierlich sinkt. So freute er sich über "nur noch 2.7 Millionen neu Infizierte" im Jahr 2008.

Sein Unmut klang bei der Feststellung durch, dass eine Therapie für einen Aids-Erkrankten pro Jahr ca. 1.000 US-Dollar koste. Sparsamkeit sei angesagt, daher forderte er mehr Geld für Prävention auf Kosten der Therapien für die bereits Erkrankten. Diese Forderung verbarg er geschickt hinter dem Ausdruck "Balance" und meinte damit, es sei nicht sinnvoll, den Tod eines Einzelnen für Hunderte Dollar Mehraufwand zeitlich nur hinauszuschieben... Prävention ist für den Demografen Bongarts die einzige nachhaltige Möglichkeit, die Aids-Epidemie in den Griff zu bekommen.

Wieder einmal wird für ein weltweites Problem, bei dem es immerhin für Millionen von Menschen um Leben und Tod geht, eine Lösung angeboten, die das Schicksal der Erkrankten mehr oder weniger vom Tisch wischt. Menschenverachtend oder nur ignorant?

Dann noch sein "umwerfender" finanzieller Lösungansatz: Keine Budgetmittel mehr aus den Töpfen der öffentlichen Hand für die Erkrankten (auch Aids-Kranke sind oder waren einmal Steuerzahler!),sondern internationale Spender mögen einfach mehr Beiträge als bisher leisten. Dem Experten sei gedankt für diesen "guten" Ratschlag. Wenn es um Großes geht, darf man eben nicht zu kleinlich denken.