Montag, 4. Juli 2011

Der böse „Fünfer“ ist an allem Schuld

Das Schuljahr ist fast überall schon zu Ende und damit auch die unvermeidliche Zeugnisverteilung. Kurz davor ist einigen wackeren österreichischen Bildungspolitikern rasch noch ein „wahrer Geniestreich“ eingefallen:

Mit drei „Fünfern“ (österr. Ausdruck für „Nicht Genügend“) sollte niemand mehr „sitzenbleiben“ und die Klasse wiederholen müssen. Was auf den ersten Blick fast wie eine humanitäre Großtat der modernen Pädagogik erscheint, womit alle Schulängste schlagartig beseitigt würden, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als klassischer Schuss ins Knie.

Warum gerade drei und nicht vier oder gar alle „Fünfer“ obsolet werden sollten, bleibt unklar. Genauso gut könnte man den „Fünfer“ generell abschaffen und endlich alle SchülerInnen nur nach noch einer Notenskala zwischen 1 und 4, aber immer positiv beurteilen. Kein Jahr mehr verlieren, eine „Win-Win-Situation“?

Nachteile, die mit dieser Neuerung verknüpft sind, werden kaum diskutiert und darum soll rasch ein neues Gesetz her. Unberücksichtigt bleibt, dass jeder Mensch, Leistungsanreize braucht und die Chance, sich von anderen durch seinen persönlichen Einsatz und seine besonderen Fähigkeiten zu differenzieren. Dies liegt in unserer Natur, im Selbsterhaltungstrieb und äußert sich in vielen Lebensbereichen. Denken wir nur an die sportlichen Wettkämpfe: Wer besser ist, wird Sieger.

Wollen wir die bequemen und uninteressierten Mitschwimmer fördern, die sich durch die Schule treiben lassen und nur auf ein halbwegs gutes Abschlusszeugnis aus sind? Alle Anstrengungsbereiten, die diese Tendenz durchschauen, werden früher oder später nachlassen und achselzuckend resignieren. So passt sich das Niveau nach unten an. Grüß Gott, liebe PISA-Studie!

Was leider wieder in weite Ferne gerückt wird, ist eine echte, umfassende Bildungsreform. Es ist halt einfacher und populistisch, nur an kleinen Schrauben herumzudrehen, als ein neues Getriebe zu bauen. Lieber kleckern als klotzen!

Wann werden endlich umfassende Aspekte der Bildung beachtet, wann wird alternativen und komplementären Erziehungsmethoden mehr Raum gegeben, wann wird endlich auch die spirituelle Komponente Berücksichtigung finden? Wann wird endlich das vollständige Menschenbild in den Brennpunkt der modernen Pädagogik gestellt?