Montag, 27. September 2010

Die Illusion der freien Meinung

Seit der durch Spekulanten verschuldeten Wirtschaftskrise sind die Banken, mehr als es ihnen lieb sein kann, ins Schussfeld der Kritik geraten. Während die "Schuldigen" nach wie vor ungestraft und munter weitermachen, bedient sich die Politik der Einfachheit halber bei den scheinbar hilflosen Steuerzahlern.

Schon dürfte es ihr gelungen sein, die globalen Betrügereien in die Nähe einer unabwendbaren Naturkatastrophe, für die eigentlich keiner etwas kann, zu rücken. Es fehlte gerade noch, dass freiwillige Spendenaktionen für notleidende Geldinstitute und Spekulanten ins Leben gerufen würden. Nach dem Motto "Bitte nur kein Licht ins Dunkel".

In dieser unerquicklichen Situation hat eine Bundesbank plötzlich ihren hohen Anspruch an die Moral entdeckt. Da tritt doch das Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin mit seiner privaten Meinung, noch dazu in Buchform gegossen, vor die Öffentlichkeit hin und äußert seine persönlichen Gedanken über besorgniserregende Zustände und Entwicklungen in seinem Heimatland. Da dieser nicht mit der politischen Linie, die seine Partei verfolgt, übereinstimmt, und gleichzeitig geschäftliche Nachteile für das Geldwesen befürchten lässt, versuchte man ihn unter dem Deckmäntelchen der "Rufschädigung" so rasch wie möglich loszuwerden.

Das steht offenbar voll im Einklang mit der vorherrschenden Regierungspolitik. Nun, der Rauswurf wird den Spitzenbanker nicht zum Sozialfall machen. Doch ist es bedenklich, wenn in einem so genannten Rechtsstaat die freie Meinung so offensichtlich unterdrückt werden kann und darf, selbst, wenn der Betroffene keinerlei Rechtsvorschriften verletzt hat.

Hoffnung machte aber doch die Reaktion hunderttausender Bürger, die mutig gegen dieses willkürliche Machtgehabe von Wirtschaft und Politik protestierten und den maßlos anmaßenden Entscheidungsträgern endlich einmal deutlich machten, wie die Mehrzahl der Bevölkerung denkt.

Dieser eine beschämende Vorfall, der nebenbei gesagt die so oft und gerne zitierten Werte der westlichen Welt sehr deutlich in Frage stellt, wird leider noch kein generelles Besinnen und Umdenken auslösen. Wenn jedoch bei den sicher noch in Zukunft zu befürchtenden Übergriffen der Mächtigen das regierte Volk immer wieder energisch protestiert, könnten wir uns alle in angemessener Zeit vielleicht an einem größeren Stück persönlicher Freiheit erfreuen.