Montag, 2. April 2012

"Wutbürger"

Die Sprache lebt. Sie verändert und erweitert sich unentwegt, meist unbemerkt und in ganz kleinen Schritten. Manche Wörter kommen und gehen mit der Mode, nur wenige sind Ausnahmen, die unsere Sprache wirklich bereichern. Sie drücken Erfindungen, Entdeckungen, Zustände oder Befindlichkeiten aus, die neu und vielleicht sogar nachhaltig sind. Dazu zähle ich den Ausdruck "Wutbürger". Sind das nicht alle, die mit den derzeitigen Lebensbedingungen unzufrieden sind? Nein, die gab es schon immer. Es sind die, die sich so richtig ärgern, weil sie mehr als genug Informationen über alle Missstände erhalten haben, die eigentlich längst geändert werden sollten. Es sind die, die sich über unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen ernste Sorgen machen. Mit einem Wort, Wutbürger wissen, wie es richtig ginge und leiden an der scheinbaren Ohnmacht, dass alles so bleibt wie es ist. Wutbürger sind nicht aus dem Holz der Revolutionäre geschnitzt, die gewaltbereit auf die Barrikaden stürmen. Sie sind aber auch nicht jene resignierenden Duckmäuser, die sich mit den unbefriedigenden Verhältnissen arrangieren und dahinvegetieren, um nur ihre Ruhe und ihr Auskommen zu finden. Sie liegen genau dazwischen, und das ist ihr Problem an dem sie kauen und kiefeln. Was ist da zu tun? Was könnte geschehen? Ein Zauberwort heißt: Verantwortung übernehmen. Kritik zu üben und auf Initiativen der Jugend zu hoffen, ist zu wenig. Sobald wir erkannt haben, dass unsere Staatskarosse schon wieder gegen die nächste Wand gefahren wird, sollten wir handeln. Verantwortung übernehmen heißt aktiv werden. Im Nachhinein alles besser gewusst zu haben, nützt niemandem. Wir erfahren immer wieder aus vielen Andeutungen, Hinweisen und Zeichen, dass wir uns in einer Phase des Umbruchs und Wandels befinden, die unser ganzes Universum erfasst hat und sich nicht auf die kleinlichen Ärgernisse des Alltags beschränkt. Krisen sind Wendepunkte, die immer eine Chance zum Besseren eröffnen. Diese Chance könnten wir Wutbürger eigentlich ergreifen. Besser heute als morgen. Ein aussichtsreicher Ansatz dazu könnten politische Veränderungen sein, zwar mühsam aber vielversprechend. Wie wäre es zum Beispiel mit der Gründung einer neuen Partei der Anständigkeit und des Idealismus? Dabei könnten wir jene Fehler, die wir bei den Grünen erleben mussten und die bei den deutschen Piraten zu befürchten sind, vermeiden, denn auch aus Fehlern darf man lernen. Selbst das gehört zur Verantwortung. Oder, wie wäre es mit einer Veränderung unseres eigenen bisherigen Verhaltens gegenüber Angehörigen, Freunden, Nachbarn und im Berufskollegen? Nicht mehr anpassen und schweigen um des lieben Friedens willen, sondern klar und deutlich für die Werte eintreten, die wir für uns als richtig und wichtig erachten, selbst wenn uns das im Augenblick keinen Vorteil zu bringen scheint. Achtung und Anerkennung - sogar durch die anders Denkenden - wird nicht immer gleich sichtbar, aber sie ist uns gewiss. Daher mein Motto für heute: Mehr Mut, weniger Wut!